von Marko Häbold

Auswirkungen der Covid19-Pandemie auf den Wohnimmobilienmarkt von Dresden

Ein Ausblick in die möglichen Wertentwicklungsperspektiven für die Jahre 2020 - 2021.

Der Dresdner Markt für Wohnimmobilien kannte über vielen Jahre, bis zum Februar 2020, nur eine Entwicklungsrichtung: steigende Miet- und Kaufpreise, bei stabiler Nachfrage. Der Trend basierte auf einem hohem Optimismus bei Wirtschafts- und Kaufkraftentwicklung, und einem sich verknappenden Objektangebot, insbesondere in zentrumsnahen Lagen.

Seit Anfang März 2020, mit den sich verschärfenden privaten und wirtschaftlichen Beschränkungen infolge der Covid19-Pandemie, war klar: es sind signifikante Verwerfungen - global in sämtlichen Volkswirtschaften - zu erwarten, denn die aktuelle Gesundheitskrise wird Auslöser einer Weltwirtschafts- und Finanzkrise sein. Die Rezessionsdynamik dieser Entwicklung ist heute noch nicht näher abschätzbar.

Natürlich wirken diese Faktoren auch auf den Dresdner Wohnimmobilienmarkt, dessen Akteure im Wesentlichen die gewerblichen Projektentwickler, private oder gewerbliche Anleger, Privatpersonen mit Eigennutzabsichten (Käufer oder Mieter) und die in den jeweiligen Zwischenräumen agierenden Dienstleister wie Makler, Verwalter und Finanzierer sind. 

In diesem Fachbeitrag soll prognostiziert werden, wie sich die Angebotsmenge in den Kategorien Eigentumswohnung (Erstmarkt Kauf), Wohninvestment (Zweitmarkt), Mietwohnung (Erstmarkt), Mietwohnung (Zweitmarkt) und natürlich die entsprechenden Kauf- und Mietpreise, für das Jahr 2020 und 2021 entwickeln könnten. 

Risikoprofil & Volatilität

Für die Auswirkungen auf den Immobilienmarkt muss zunächst die Assetklasse Wohnimmobilien hinsichtlich der Risikoanfälligkeit in Bezug auf den prognostizierten cash-flow (i. d. R. Vertragsmieten) betrachtet werden. Es ist festzustellen, dass mit Privatpersonen vereinbarte Mietzahlungen zwar in einem gewissen Zusammenhang mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung stehen, aber nicht unmittelbar von globalen Wertschöpfungsprozessen oder Finanzmarktturbulenzen abhängen. Zwar wird das Mietertrags-Ausfallrisiko wegen temporärer Kurzarbeit, höherer Arbeitslosigkeit oder stagnierenden (ggf. sinkenden) Lohnniveau marginal steigen (ich rechne mit unter 2 % zusätzlichen Mietausfallwagnis). Im Vergleich mit fast allen anderen Assetklassen wie Aktien, Staatsanleihen, Rohstoffen, Technologien (z. B. Blockchain) oder reinen Finanzpapieren werden Wohnimmobilien wegen ihrem stabilen Ertrag auch künftig ein extrem flaches Risikoprofil ausweisen. Die Perspektive der vorgenannten anderen Assetklassen hingegen ist kaum sicher zu prognostizieren. Gerade in der aktuellen Krise, welche möglicherweise auch nicht absehbare  (jedoch dauerhafte) Strukturänderungen in vielen Wirtschafts- und Lebensbereichen mit sich bringt, sind erhebliche Wert- und Kurskorrekturen zu erwarten. Daraus ergeben sich neben Chancen auch enorme Risiken für Anleger. Die Wohnimmobilie, deren “Geschäftsmodell” und niedrige Volatilität unstrittig sein dürfte, wird als Zufluchtsort für risikoscheues Kapital in Folge der Krise an Bedeutung gewinnen. Geringere Umzugsaktititäten werden Leerstände noch seltener werden lassen,  Mietanpassungen im Zuge von Neuvermietungen werden abnehmen, der Ertrag und Wert von Wohnimmobilien wir gleich oder noch stärker als bisher vorkalkulierbar werden.

Angebot & Verfügbarkeit

Auf der Angebotsseite wird sich eine weitere Verknappung verfügbarer Miet- und Kaufobjekte abzeichnen. Zum einen sind durch Arbeitskraft- und Produktionsausfälle schon heute geplante Fertigstellungstermine für Neubauten oder Sanierungen, welche die Nachfrage von Käufern und Mietern befriedigen sollten, nicht mehr zu halten. Es kommt zu Verzögerungen bei Planung, Genehmigung, Herstellung und Vertrieb. Zum anderen werden Verkäufer in unsicheren Zeiten die Verkaufsabsicht eher aufschieben und abwarten, wie sich die wirtschaftliche Lage im Allgemeinen und der Immobilienmarkt im Speziellen entwickelt.

Die Verfügbarkeit von Mietwohnungen im Zweitmarkt wird vorübergehend ebenfalls abnehmen, da Umzugspläne in unsicheren Zeiten verschoben werden bzw. niedrigere  Altmieten höhere Sicherheiten bieten.

Durch die zu erwartenden Turbulenzen in der Wirtschaft und deren Nachwirkungen und den derzeitigen Reisebeschränkungen für Studenten, Fachkräfte etc. ist es fraglich, ob Dresden weiter so dynamisch wachsen wird, da könnte eher eine stagnierende Tendenz geben, die der Verknappung wiederum entgegen wirken könnte.

Ein möglicher Zugang von Immobilien könnte sich jedoch aus wirtschaftlichen Verwerfungen bei Immobilieneigentümern (z. B. Einkommens- oder Gewinneinbruch) und anschließenden Verkäufen (oder Umzügen) ergeben. Ich gehen nicht davon aus, dass diese Zahlen Dimension erreichen, welche die vorgenannten Faktoren der Verknappung merklich ausgleichen.

Finanzierungsbedingungen

Maßgeblich für das Marktvolumen, egal ob für Neubau/Sanierung oder im Investmentbereich (Erstmarkt & Zweitmarkt) ist die einfache und günstige Verfügbarkeit von Eigen- und Fremdkapital. Während sich die Verfügbarkeit von Eigenkapital durch die Krise kaum verändern sollte (bzw. wegen der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzkrise leicht rückläufig sein könnte), rechne ich bei Fremdkapital mit einem erweiterten Angebot zu niedrigen Zinsen. Da Staaten und Zentralbanken weltweit Firmen und Privatpersonen mit Liquidität förmlich fluten, um die akuten Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise zu mindern, wird die Verfügbarkeit von Fremdkapital bei sinkenden Zinsen weiter steigen. Die Zinspolitik und die expansiven Aufkaufprogramme von EZB (quantitative easing) lassen erwarten, dass auch kleinere Kreditnehmer, z. B. Wohnungskäufer, künftig dauerhaft nahe einem Nullzins finanzieren. 

Services

In einem Immobilienmarkt mit insgesamt weniger Angebot, geringeren Transaktionszahlen und sehr knapp kalkulierten Margen werden auch die peripheren Dienstleister wie Makler, Hausverwalter und Berater unter wirtschaftlichen Druck geraten. Unternehmen, welche schon heute keine hohe Marktdurchdringung (Kundenstamm oder Bekanntheitsgrad) haben, werden kaum neue Marktanteile erringen können. Wer bisher nicht in moderne Dienstleistungs- oder Produktformate und digitale Prozesse investiert hat, wird mehr und mehr vom Markt verschwinden. Es ist eine Marktbereinigung mit gleichzeitiger Professionalisierung zu erwarten.

Eine gelegentliche Änderung in der Verteilung von Maklerkosten ergibt sich aus der Ausweitung des Bestellerprinzips auf  den Kauf von Eigentumswohnungen. Der Gesetzgeber wird Ende 2020 verbindlich vorschreiben, dass der Käufer nicht mehr zahlen darf als der Verkäufer. Die ohnehin schon häufige Praxis, dass Verkäufer ca. 3 % der Maklerkosten übernehmen, wird dann zumindest bei Wohnungsverkäufen zum Branchenstandard werden.

Prognose Preisentwicklungen

Eigentumswohnung (Erstmarkt Kauf):

  • Verfügbarkeit: wegen gestörten  Planungs- und Bauvolumen werden mittelfristig (konkret in den Jahren 2021 - 2022) ca. 25 % weniger Objekte am Markt vorhanden sein.
  • Kaufpreis: Verknappung und Niedrigzins wirkt preissteigernd, Unsicherheit im Privatsektor bzgl. Einkommen etc. wirkt etwas dämpfend bei Preisbereitschaft und Entscheidungsfreude.

FAZIT: Preise stabil, Tendenz steigend um ca. +3 % p. a.

 

Wohninvestment (Zweitmarkt):

  • Verfügbarkeit: geringe Entscheidungsfreude bei Verkäufern, Abwarte-Haltung. Zudem lassen sich Mieterhöhungen (oft vorbereitend für Verkauf erklärt) aktuell schlecht vertreten: in 2020 ca. 30 % weniger Angebot, in 2021 ca. 15 % weniger Angebot
  • Kaufpreis: Verknappung und Niedrigzins wirkt stark preissteigernd, dämpfender Faktor: geringere Mietsteigerungsperformance zu erwarten, da Kaufkraft von Privathaushalten stagniert oder rückläufig ist.

FAZIT: 2020 und 2021 je +6 % (Durchschnittsfaktor JNKM von 23-fach auf 25,5-fach).

 

Mietwohnung (Erstmarkt/Erstbezug)

  • Verfügbarkeit: wegen gestörten Bauvolumen ca. 25 % weniger Objekte am Markt
  • Mietpreis: Verknappung wirkt preissteigernd, Unsicherheit im Privatsektor bzgl. Einkommen etc. wirkt dämpfend bei Preisbereitschaft und Entscheidungsfreude

FAZIT: Preise im best-case stabil, aber unter starken Druck. Es sind Abschläge auf in der Vergangenheit kalkulierte Zielmieten von ca. -1,- EUR/m2 vorzunehmen.

 

Mietwohnung (Zweitmarkt/Zweitbezug)

  • Verfügbarkeit: wegen verminderten Umzugsaktivitäten (Mieter sind risikoscheuer, schätzen geringe Altmieten und meiden teuren Umzug) sind  ca. 20 % weniger Objekte am Markt
  • Mietpreis: Verknappung wirkt minimal preissteigernd, Unsicherheit im Privatsektor bzgl. Einkommen etc. wirkt stark dämpfend bei Preisbereitschaft und Entscheidungsfreude.

FAZIT: Bisherige „Altmieten“ sind stabil und bei existenten Vertragsverhältnissen belastbar. Zusätzliches temp. Mietausfallwagnis von max. +2%. Bei Neuvertragsabschlüssen sind die Preissprünge geringer als in der Vergangenheit.

 

Schlussbemerkung

Das Kontaktverbot, welches das öffentliche Leben in Deutschland maßgeblich einschränkt, besteht seit dem 23.03.20. Dieser Fachbeitrag entstand  18 Tage nach diesem Termin und kann naturgemäß nur eine Prognose zu den immobilienwirtschaftlichen Entwicklungen darstellen. Im Verlauf der Pandemie werden neue medizinische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Faktoren hinzukommen, welche die von mir geschilderten Szenarien maßgeblich beeinflussen können.

Marko Häbold
Geschäftsführer / Gesellschafter
Telefon: +49 (0) 351 6555 715 +49 (0) 351 6555 715
Bild

Themen
Wohnungs-Mietmarkt Dresden
Immobilien erfolgreich verkaufen
Unsere Autoren